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Ich habe es ja gewusst!

 

Es gibt Sätze wie den im Titel, die in vielen Varianten Verärgerung und Frust ausdrücken, wenn eine Sache nicht funktioniert hat (noch schlimmer ist, wenn damit gemeint ist, dass ein Mensch nicht „funktioniert“ hat wie gewünscht!). „Ich habe damals ja schon gesagt, dass das schiefgeht mit…!“ oder auch ein kurzes „Siehst du!“ können ausreichen, eine Diskussion zum Erliegen bzw. das Gegenüber zum Kochen zu bringen, wenn die Gesprächspartner dabei stehen bleiben.

 

Demjenigen, der solche Sätze gebraucht, ist oft nicht abzusprechen, dass er eine negative Entwicklung schon vorausgesehen hat. Man kann ihn dazu fast nur beglückwünschen, wenn es oft nicht so traurig wäre, dass etwas nicht geklappt hat. Aber was nützt es, sich dabei aufzuhalten, darin zu verharren, auf seinem Recht bzw. seiner sicheren Vorhersage der Ereignisse stehenzubleiben? Der Gesprächspartner wird nichts dagegen erwidern können. Diese Sätze bergen leider keinen positiven Ansatz, keine Hoffnung oder einen Lösungsweg. Beim Gebrauch dieser Sätze zeigt sich eine Haltung, die nach hinten, in die Vergangenheit, gerichtet ist, die keiner mehr verändern kann. Sie ist klar problemorientiert, und nicht lösungsorientiert. Sicher ist die Tatsache, vor einem Problem zu stehen, das man vielleicht hätte verhindern können, wenn andere nicht so gehandelt hätten, wie sie es getan haben, schwer zu ertragen. Doch belasten wir uns nur selbst damit und lähmen uns, wenn wir nicht nach vorne schauen. Gerade Eltern werden Situationen wie diese kennen. Die Kinder oder Jugendlichen kümmern sich spät oder gar nicht um ihre Angelegenheiten, Termine rücken immer näher, ohne dass etwas passiert und trotz allen guten Zuredens, werden die notwendigen Aufgaben nicht erledigt. Als Eltern haben wir oft einen größeren Weitblick und überschauen die Schwierigkeiten besser, die sich noch alle ergeben könnten. Und trotzdem ist es wichtig, gerade älteren Kindern, hier nicht die Verantwortung abzunehmen und zu früh einzugreifen. Wenn etwas schiefgeht, werden sie davon mehr lernen, als wenn alles reibungslos läuft – nur weil Mama und Papa im Hintergrund alles geregelt haben. Freiheit der anderen auszuhalten fällt schwer!

 

Was hilft aus so einer Situation heraus? Wir sollten uns in Ruhe hinsetzen, wenn der erste Ärger verflogen ist und uns fragen:

 

Wie ist die Lage jetzt? Was müssen wir heute tun, um die Situation zu retten oder zu einem guten Abschluss zu führen? Wo können wir sinnvoll Hilfe anbieten, ohne die Kinder aus ihrer Verantwortung zu entlassen?

 

Es geht nicht darum, gefühllos, kalt und stoisch alle Schwierigkeiten irgendwie zu meistern. Klar, wir dürfen uns ärgern und unsere Wut mal rauszulassen. Wir müssen nur Wege aus diesem Ärger hinaus finden und neue Wege suchen.

 

Wie treffend war es neulich bei einem facebook-Post zu lesen: Wenn Erziehung ein Navi hätte, würde jeden Tag der Satz kommen: „Die Route wird neu berechnet.“