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Konsequenz vs. Beziehung

 

Wer kennt sie nicht, die guten Ratschläge, bei der Erziehung der Kinder auf alle Fälle konsequent zu sein. Das ist in vielen Fällen sicher auch richtig. Und doch gibt es auch immer die Situationen, wo Konsequenz droht einseitig zu werden und somit abzugleiten in Sturheit, Rechthaberei und Machtemonstatrion. Die ursprüngliche Konfliktsituation schaukelt sich hoch und spitzt sich zu. Keine Seite kann mehr von ihrer Position runter, ohne das Gesicht zu verlieren oder sich gleich ganz als Verlierer zu fühlen.
Zur Konsequenz muss sich also immer auch eine Gesamtsicht auf die Person und vor allem auf die Situation gesellen. Es notwendig, rechtzeitig zu merken, wann es angebracht ist, die eigene strikte Konsequenz zugunsten der Beziehung zum Kind aufzugeben. Das heißt nicht, dass Eltern sofort nachgeben sollen, wenn ein Kind quengelt, weil es z. B. an der Supermarktkasse noch unbedingt die Kaugummis haben will. Es geht auch nicht darum, Konflikten generell aus dem Weg zu gehen und sich damit das Elternleben scheinbar einfacher zu machen. Ich spreche von den Konflikten, die sich anbahnen, wenn z. B. die Leistungen in der Schule stark nachlassen und die Eltern auf mehr Lernzeit pochen. Auch das ist im Grunde nicht verkehrt. Was aber, wenn all die viele Zeit am Schreibtisch trotzdem nicht fruchtet? Vielleicht wäre die nächste Konsequenz ein Ausgehverbot oder ein Fernseverbot oder auch Computerverbot…. Es gibt viele Möglichkeiten. Der Druck auf das Kind nimmt zu, gleichzeitg sinkt aber oft bei den Kindern dann erst Recht die Motivation zu lernen. Genau das aber, wollen Eltern ja eigentlich nicht erreichen. Ebenso verhält es sich mit unerwünschtem Verhalten. Ein Kind benimmt sich nicht. Es folgt oft eine Strafe (je nach Alter kann diese variieren: kein Eis unterwegs, kein Kino am Wochenende,Hausarrest…). Eltern sollten sich aber immer mal wieder fragen, wie die Situation für das Kind aussieht. Bleiben wir beim ersten Beispiel: Was hat dazu geführt, dass die Leistungen nachgelassen haben? Vielleicht ist das Kind mit einem ganz anderen Problem beschäftigt, dass gar nichts mit der Schule zu tun haben muss (Alpträume, Trennungen, Mobbing im Fußballverein….). Da wird es wenig nützen, mehr Druck auszuübern, damit das Kind mehr Zeit zum Lernen hat.
Oder im zweiten Beispiel: Ein Kind, das lange durch ein Museum „geschleift“ wird, das es langweilig findet, bringt das Kind dazu, eigene Wege zu gehen, sich mit Dingen zu beschäftigen, die es interessieren, aber vielleicht nichts mit dem Museum zu tun haben. Die Eltern werten es als Desinteresse, oder sogar als Undankbarkeit. Auch hier wird es nichts nutzen das Eis zu streichen. Es wird den negativen Eindruck eines Musiumbesuches nur noch verstärken. Wenn aber Eltern absolut dazu tendieren, schlechte schulische Leistungen oder Fehlverhalten zu sanktionieren – denn sie sind ja konsequent – starten sie eine Abwärtsspirale.
Hier kann es helfen, sich in die Situation des Kindes zu versetzen und einmal nur die Fakten zu betrachten und jede Wertung herauszulassen. Dann wird man das Kind vielleicht unter ganz anderen Aspekten wahrnehmen, z. B. Es weiß sich auch in einem für ihn langweiligen Museum zu beschäftigen.
Vor allem wenn ein unerwünschtes Verhalten länger auftritt oder häufiger zu beobachten ist, sollte man sich fragen, was eigentlich dahinter steckt. Da hilft es manchmal mehr, sich mit dem Kind oder Jugendlichen in einer möglichst entspannten Situation hinzusetzen und mal zu fragen, wie sie die Siuation sehen. Was sollte anders sein? Vielleicht müssen auch einmal abgesteckte Grenzen neu überdacht und je nach Alter angepasst werden? Das hat nichts mit Inkonsequenz zu tun, sondern eher mit der Aufgabe aller Eltern bei der Erziehung genau die Balance zwischen Grenzen und Freiraum, Binden und Lösen, Nähe und Abstand auszuloten. Genau dieses Bemühen – auch wenn es aus Sicht der Kinder nicht immer gerecht oder gelungen ist – macht eine gute Beziehung zu den Kindern aus. Jedes Kind ist anders und auch Eltern von mehreren Kindern lernen mit jedem einzelnen noch dazu! Eltern müssen nicht perfekt sein oder meinen, immer alles wissen zu müssen. Der Austaussch mit anderen Eltern ist daher gerade heute immens wichtig!